St. Galler Bürli oder einfach auch Bürli / Ballon, miche (par deux), Pürli, Doppelbürli, Batzebrötli, Batzelaibli, Scheere, Schilt, Mutschli, Mutsch oder Vierteil genannt!
Bürli sind allgemein Kleinbrote typischerweise aus sehr weichem Weissmehlteig oder Ruchmehl (Weizenmehl Type 1050) mit grossen Poren und der charakteristisch röschen, knusprigen, etwas mehligen Kruste. Sie werden mindestens doppelt, manchmal aber auch vierfach aneinander gebacken (Schilt). Man nennt sowohl das Ganze als auch das einzelne Brötchen Bürli [Quelle: Das Kulinarische Erbe der Schweiz].
Auf dieser Homepage Das Kulinarische Erbe der Schweiz habe ich auch folgende Angaben zur Bürli-Herstellung gefunden:
„Das Geheimnis des richtigen Bürliteigs liegt im sehr hohen Wasseranteil. Der Bäcker verwendet fast gleichviel Wasser wie Mehl was einen extrem weichen Teig entstehen lässt. Um ein richtig luftig-rösches Bürli herzustellen, lässt man den Vorteig am besten über Nacht reifen. Am nächsten Tag löst der Bäcker Salz und Malz im Wasser, vermischt das ganze mit dem Vorteig und lässt dann langsam das Mehl einziehen. Der sehr flüssige Teig muss nun eine Stunde lang ruhen. Danach arbeitet der Bäcker die Bürli sehr schonend direkt auf. Der Teig wird nicht mehr geknetet damit die Gärgase im Teig bleiben und sich die grossen, unregelmässigen Poren bilden. Nun legt der Bäcker zwei oder vier Brötchen aneinander, bestäubt sie mit Mehl und schiesst sie, ohne Stückgare, direkt in den sehr heissen Ofen.“
Anhand dieser Infos und einer Rezeptvorlage von breadaroundtheworld. blogspot habe ich drei Doppelbürli aus reinem Emmervollkornmehl gebacken. Emmermehl steht seit unserem neuen Backbuch „Backen mit Ur-Körnern“ immer in meinem Vorratsschrank. Brote und Mürbeteige schmecken wunderbar mit Emmer. Mehr Infos über Emmer siehe am Ende dieses Beitrages.
Es ist gar nicht so einfach, mit solch einem weichen Teig umzugehen, aber jeder Brotbackinteressierte sollte sich dieses Erlebnis nicht entgehen lassen. Testet es aus, das Resultat ist großartig! Mit reinem Weizenmehl Type 1050 schmeckt es sicherlich wie das Schweizer Original!
Zutaten für 6 Doppel-Bürli:
Vorteig :
125g Emmervollkornmehl
110 g Wasser
3 g Hefe
Hauptteig:
375 g Emmervollkornmehl
330 g Wasser
12 g Salz
10 g Hefe
40 g Lievito madre (optional)
1 EL fein gemahlenes Brotgewürz (optional)
1 TL Backmalz (optional)
Zubereitung:
- Für den Vorteig Mehl, Hefe und Wasser mit der Hand vermischen, so dass keine Mehlnester mehr vorhanden sind. Den weichen Vorteig ca. 1 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen, danach im Kühlschrank luftdicht verschlossen 8-12 Stunden lang fermentieren lassen.
- Mehl, Salz, Hefe, Gewürze und Lievito madre zum Vorteig geben und alles ca. 5 MInuten lang in der Küchenmaschine auf Stufe 1 vermengen und danach 7 Minuten auf Stufe 2 kneten. Aufgrund des hohen Wassergehaltes ist der Teig sehr weich und fast schon flüssig. Den Teig in einer flachen Schüssel füllen, mit Mehl bestäuben und abgedeckt insgesamt 90 – 120 Minuten lang ruhen lassen.
- Dieser Punkt ist für die Elastizität des Teiges sehr wichtig. Den weichen Teig nach 30 und 60 Minuten mit feuchten Händen rundum vom Rand her hochziehen (dehnen) und zur Mitte hin einschlagen (Falten) und weiter ruhen lassen. Falten bringt mehr Spannkraft in den Teig.
- Backofen rechtzeitig auf die höchste Stufe vorheizen (260° C). Backblech mit Backpapier auslegen.
- Den Teig in 6 Teile abstechen, jedes einzelne direkt mit befeuchteten Händen in der Luft vorsichtig vom Rand her einschlagen und etwas rund formen und auf das Backpapier legen, so dass sich gerade eben die Ränder berühren. Gut mit Mehl bestäuben und ohne weitere Stückgare in den heißen Ofen einschießen.
- Die Bürli für 20 – 25 Minuten dunkelbraun und knusprig backen. Wer eine knusprige Kruste möchte, die letzten 3 – 5 Minuten bei leicht geöffneter Ofentür fertig backen.
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Anbei noch ein paar Infos über Emmer (Triticum dicoccon, auch Zweikorn genannt) [Quelle: Wikipedia]: „…Emmer gehört zu den ältesten kultivierten Getreidearten (Ur-Körner). Die Pflanze lässt sich bis 3000 v. Chr. zurückverfolgen. Ihren Ursprung hat sie im Nahen Osten, dort wird sie seit mindestens 10.000 Jahren angebaut. Durch die Ausbreitung des Ackerbaus kam der Emmer von Westpersien über Ägypten, Nordafrika und den Balkan bis nach Mitteleuropa. ….Emmergetreide ist eiweiß- und mineralstoffreich. Trotz seiner etwas schlechteren Klebereigenschaften ist Emmer auch für die Brotherstellung gut geeignet. Vollkornbackwaren verleiht Emmer einen herzhaften und leicht nussigen Geschmack. Ebenso wird der Emmer für die Bierherstellung eingesetzt. Die gekochten Körner können als Einlage für Suppen und Eintöpfe, aber auch in Salaten, Aufläufen oder Bratlingen verwendet werden.
Nimmst du aktives oder inaktives Backmalz?
Hallo! Ich verwende beides eher selten. Aber wenn ich mal brauche, dann stelle ich es selbst her. Meist aus gekeimter Gerste oder Inkelörnern. Zuerst 3 Tage lang nach Anleitung keimen lassen, dann bei 50 Grad Celsius im Backofen trocknen und anschließend mahlen. Es ist ein schnelles Futter für die Hefebakterien im Lievito madre. Inaktives Backmalz entsteht, wenn die Keimlinge bei 80 Grad trocknen. Dann ist das Malz ein prima Farbgeber für z.B. Bauernbrote.
Eine Frage, werden die bürlis ohne Dampf gebacken?
Hallo Carola, ja da der Teig sehr viel Wasser enthält, kann ohne Dampf gebacken werden. Zusätzlich Dampf in den ersten 10 Minuten schadet aber auch nicht. Damit die kleinen Brote nicht wild an der Seite aufreißen ist es wichtig, nach 10 Minuten den Dampf abzulassen. Dazu reduziere ich die Anfangstemperatur (mit fallenden Temperaturen backen) und öffne die Backofentür für ca. 30 Sekunden. Danach bei geringerer Temperatur fertig backen. Gutes Gelingen!